Schon langer Zeit ist „Bewegung“ einer der Säulen der Naturheilkunde. In der heutigen Zeit des Bewegungsmangels jedoch ist es wichtig, sich nicht nur zu bewegen sondern zu trainieren. Eine Definition des Training ist es, eine regelmäßige, dosierte körperliche Tätigkeit auszuführen.
Diese körperliche Tätigkeit muss dazu in der Lage sein, einen Wachstumsreiz im Körper auszulösen. Dieser Wachstumsreiz erhöht die Leistungskapazität unseres Stoffwechsels, unserer Organe und Organsysteme.
Im folgenden haben wir einen Artikels des deutschen Ärzteblatts abgebildet, da hier einige elementare Sachverhalte zur Wirkung von Sport auf unsere Gesundheit klar und deutlich beschrieben werden:
„Sport ist eines der wirkungsvollsten und sichersten „Medikamente“. Nur leider sind die wenigsten Menschen ausreichend körperlich aktiv. Welche „Dosierung“ erforderlich ist, um langfristig auch schweren Erkrankungen vorzubeugen, dazu gibt es mittlerweile klare Empfehlungen.Eine Kombination aus Krafttraining und regelmäßigem Ausdauersport gilt als optimal zur Prävention von Krankheiten – auch und insbesondere zur Diabetesprävention sowie für ältere Menschen, die damit dem Muskelschwund vorbeugen können. Foto: Halfpoint/stock.adobe.com
Rund 2 Milliarden Menschen – mehr als ein Viertel der Weltbevölkerung – bewegen sich zu wenig (1). Hierzulande ist sogar fast jeder Zweite zu inaktiv und erreicht nicht die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO; siehe Infobox). Die vielen Annehmlichkeiten unserer modernen Welt – Auto, Bürojob, Fahrstühle, Lieferdienste – tragen ihren Teil dazu bei. Die gesellschaftliche Bequemlichkeit hat aber ihren Preis: Bewegungsmangel spielt in der gleichen Liga wie die klassischen Risikofaktoren Rauchen, Bluthochdruck oder Diabetes (2). So weisen „Extremsitzer“ (mehr als 8 Stunden am Tag) ein um rund 80 % erhöhtes Sterberisiko auf (3). Der oft bemühte Spruch „Sitzen ist das neue Rauchen“ scheint damit belegt zu sein.
Doch es gibt eine gute Nachricht: Der Mensch ist genetisch auf Bewegung programmiert, was auch die unzähligen positiven Gesundheitseffekte erklärt. Erst kürzlich wurde im Journal of the American College of Cardiology ein Artikel veröffentlicht, der aufzeigt, wie viel Bewegung nötig ist, um langes Sitzen (z. B. am Arbeitsplatz) auszugleichen. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass 5 Stunden körperliche Bewegung pro Woche erforderlich sind, um ein tägliches Sitzen von 8 und mehr Stunden zu kompensieren. Stehen statt sitzen verbesserte das kardiovaskuläre Risiko nicht. Weiterhin zeigte die Untersuchung, dass mehr als 8 Stunden Sitzen ohne Sport als Ausgleich das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse um rund 80 % erhöht.
„Regelmäßige körperliche Bewegung eignet sich wunderbar zur Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck, Typ-2-Diabetes, Krebserkrankungen, Osteoporose, Übergewicht, Stress und Burnout“, schwärmt Prof. Dr. Ingo Froböse von der Deutschen Sporthochschule in Köln. Er will die Bewegung wieder zu den Menschen bringen. Dabei ist er auch auf die Hilfe von Ärzten angewiesen.
Sport verlängert das Leben
Doch im Arztgespräch wird körperliche Bewegung oft nur am Rande thematisiert, was Patienten nicht wirklich dazu motiviert, ihre Lebensweise zu ändern. Es gibt aber überzeugende Zahlen und Fakten, die Ärzten helfen können, ihren Patienten zu erklären, welche gesundheitlichen Vorteile Bewegung ganz konkret mit sich bringt. Eine Vielzahl von Studien belegt, dass körperliche Bewegung eine wirkungsvolle „Anti-Aging Medizin“ ist (4, 5). Schon 15 Minuten Bewegung am Tag senken demnach das Mortalitätsrisiko um 14 % (6, 7). Jede weitere Viertelstunde reduziert das Risiko um weitere 4 %. Die Superaktiven, die rund 50 Minuten intensiven Sport pro Tag machen, können ihr Sterberisiko sogar um knapp die Hälfte reduzieren (7). Eine Erklärung für die lebensverlängernde Wirkung von Sport entdeckte kürzlich ein deutsches Forscherteam: Regelmäßiger Ausdauersport (3-mal 45 Minuten pro Woche) erhöhte die Aktivität des Enzyms Telomerase, das die Schutzkappen der Chromosomen, die Telomere, verlängert und die Körperzellen dadurch wieder „verjüngt“ (8).
Aber auch das Immunsystem profitiert: Ältere Menschen, die ihr ganzes Leben viel Ausdauersport getrieben hatten, wiesen in einer Studie deutlich aktivere B- und T-Zellen im Blut auf (9). Dadurch waren sie weniger anfällig für Infektionen, chronische Entzündungen und Autoimmunerkrankungen und wiesen einen besseren Impfschutz auf.
Andere Studien zeigen, dass regelmäßiger Sport die natürlichen Killerzellen aktiviert, deren Aufgabe unter anderem die Bekämpfung von Krebszellen ist (10). Wer körperlich sehr aktiv ist (rund 3-mal so viel wie die WHO empfiehlt), kann sein Risiko für die Entwicklung von 13 Krebsarten um bis zu 42 % verringern – darunter Darm-, Lungen- und Brustkrebs mit je 16 %, 26 % und 10 % Reduktion (11). Doch auch nach einer Krebsdiagnose ist es nicht zu spät für Sport: Patienten, die an Brust- oder Darmkrebs erkrankt waren und erst dann begannen, sich zu bewegen, konnten ihr Sterberisiko mit einem Training nach WHO-Empfehlungen um circa 28 % senken (12). Auch Patienten mit Prostatakrebs profitieren: Mehr als 3 Stunden intensiver Sport pro Woche reduzierten die Sterbewahrscheinlichkeit nach einer Prostatakrebs-Diagnose um 61 % (13).
Nur bei einer Krebsform scheint sich Sport negativ auszuwirken: Körperlich aktive Menschen haben ein um 30 % erhöhtes Melanom-Risiko, denn sie verbringen viel Zeit im Freien und setzen sich dadurch einer erhöhten UV-Dosis aus. Regelmäßige Hautchecks sind bei ihnen Pflicht.
Krafttraining gegen Diabetes
Sport spielt auch in der Diabetes-prävention eine entscheidende Rolle und kann die Krankheit hinauszögern oder sogar verhindern (14). Der Grund: Körperliche Aktivität aktiviert einen insulinunabhängigen Mechanismus, mit dem die Körperzellen Glukose aus dem Blut besser aufnehmen können. Der Blutzuckerspiegel sinkt und die Insulinsensitivität steigt.
Das spiegelt sich auch in Studienergebnissen wieder: Schon 2,5 Stunden aktives Spazierengehen pro Woche verringerten bei Gesunden das Diabetesrisiko um 30 % und halfen Menschen, die bereits an Diabetes erkrankt waren, ihren HbA1c-Wert um 0,5–0,7 % zu senken. In 2 von 3 Fällen können Diabetiker sogar ihre Medikation reduzieren (15–17).
„Neben Ausdauersport eignet sich insbesondere Muskelaufbautraining im Kampf gegen Diabetes“, so Froböse. „Muskeln sind wahre Zuckerfresser“. In der Tat erhöht zusätzliches Muskelgewebe die Glukose-Speicherkapazität des Körpers und senkt den HbA1c-Wert noch effektiver ab (18, 19). Die positiven Effekte auf den Glukosespiegel sind mitunter schon nach einer Woche Sport im Blut sichtbar (14). Doch genauso schnell können sie auch wieder verblassen: Um die Wirkung aufrechtzuerhalten, sollten Trainingspausen nicht länger als 2 Tage andauern (14).
Auch das Herz-Kreislauf-System lässt sich nachweislich durch regelmäßige Bewegung positiv beeinflussen: Schon 5–10 Minuten langsames Joggen am Tag reduzieren das Risiko, an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu sterben, um fast zwei Drittel (20). „Optimal für die Herzgesundheit sind aber rund 3,5 Stunden moderater Sport pro Woche“, sagt Froböse.
Die Gründe für die positiven Effekte auf das Herz-Kreislauf-System sind vielfältig. Regelmäßige Bewegung senkt den systolischen/diastolischen Blutdruck um bis zu 11/6 mmHg (21, 22). Insbesondere Hypertoniker profitieren davon. Weiterhin verbessert körperliche Aktivität das Lipidprofil und kann das HDL-Cholesterin um bis zu 15 mg/dl ansteigen lassen, die Konzentration von Triglyceriden dagegen um bis zu 38 mg/dl senken (23). Auch wenn es nur geringe Effekte auf das LDL-Cholesterin gibt, so kann regelmäßiger Sport insbesondere die Anzahl der kleinen atherogenen LDL-Partikel um circa 20 % reduzieren und dadurch das Arterioskleroserisiko senken (23, 24). Sport hat aber noch weitere antiatherogene Wirkungen: Er fördert die Ausschüttung von vasodilatatorischen Botenstoffen und induziert die Bildung neuer Blutgefäße.
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Wirksame Demenzprävention
Aktives Muskelgewebe sezerniert zudem sogenannte Myokine, die chronische Inflammationen eindämmen und der Plaqueentstehung entgegenwirken. Sind bereits Plaques vorhanden, kann regelmäßiger Sport ihre Festigkeit erhöhen und eine Ruptur vermeiden. Weiterhin hilft körperliche Bewegung auch bei Arrhythmien, indem die parasympathische Regulation des Herzschlags verbessert und die Störanfälligkeit der Kardiomyozyten verringert wird (6).
Beeindruckend sind auch die Effekte auf das Gehirn. „Schon 10 Minuten einfaches Spazierengehen reichen aus, um unsere Neuronen besser zu vernetzen und die Gedächtnisleistung zu erhöhen (25)“, erklärt Prof. Michael Yassa, Neurobiologe an der Universität Irvine in Kalifornien. Tatsächlich lässt körperliche Bewegung neue Gehirnzellen im Hippocampus und frontalen Kortex sprießen und verbessert so die Lern- und Merkfähigkeit (26, 27). Dadurch lässt sich der Entwicklung einer Demenz entgegenwirken. Eine Studie mit einem Follow-up von 44 Jahren zeigt dies eindrücklich: Menschen mit einem hohen Fitnesslevel hatten ein bis zu 88 % geringeres Demenzrisiko (28). Vermittelt werden die positiven Effekte wahrscheinlich über das Hormon „brain-derived neurotrophic factor“ (BDNF). 20–40 Minuten Ausdauersport erhöhen die BDNF-Konzentration bereits um 32 % (29). Dagegen führt Inaktivität zu einer Reduktion um 13 %.Viel mehr Bewegung fordern Experten, noch mehr als die WHO empfiehlt. Den bequemen Bürojob auszugleichen, erfordert Disziplin. Aber dennoch sind sich alle einig: Selbst ein wenig Bewegung ist immer noch besser als überhaupt keinen Sport zu treiben. Foto: Sergey Nivens/stock.adobe.com
Wirksam wie Antidepressivum
Sport erhöht auch die Konzentrationen von Dopamin, Serotonin und Noradrenalin im Blut, die über die Aktivierung unseres Belohnungssystems die Stimmung verbessern und Stressgefühle vermindern (30, 31). Körperliche Aktivität taugt so auch als äußerst effektives Mittel gegen Depressionen: Eine Studie zeigt, dass 30 Minuten Joggen pro Woche ähnlich effektiv wirken wie ein Antidepressivum (32).
Die Liste der positiven Wirkungen von Sport ließe sich fast endlos fortsetzen. Fakt ist: Unzählige wissenschaftliche Studien zeigen, dass Sport nicht nur zum Abnehmen geeignet ist, sondern darüber hinaus noch zahlreiche andere gesundheitliche Vorteile bietet. Zudem gibt es eine eindeutige Dosis-Wirkungs-Beziehung. Froböse gehen die WHO-Empfehlungen daher nicht weit genug: „Ich bin der Meinung, sie sollten doppelt so hoch sein. Auch Neurobiologe Yassa empfiehlt rund 60 Minuten mehr Bewegung pro Woche.
Die Wissenschaftler könnten recht haben: Traditionelle Jäger- und-Sammler-Völker bewegen sich rund 6–8 Stunden pro Tag und lassen die typischen Volkskrankheiten vermissen (6). Solche Höchstleistungen sind allerdings nicht erforderlich, um an den positiven Effekten regelmäßiger körperlicher Bewegung teilzuhaben. „Stattdessen sollten wir den Alltag wieder zur Trainingsstätte machen“, findet Froböse.
Neben individuellem Einsatz – Treppe statt Aufzug, Stehen statt Sitzen – fordert er politische Maßnahmen, sei es die Schaffung von Bewegungsräumen oder die Ausschilderung von Fußwegen statt von Parkplätzen. Auch Schrittzähler können dabei helfen, die eigenen Erfolge sichtbar zu machen und einen Anreiz für mehr Bewegung zu setzen.
Zusätzlich zum Ausdauertraining empfiehlt Froböse speziell älteren Menschen ein funktionelles Aufbautraining der großen Muskelgruppen, um dem beschleunigten Muskelabbau und damit der Sturzgefahr entgegenzuwirken. „Hier helfen hohe Gewichte und wenig Wiederholungen“, sagt der Sportwissenschaftler. Weiterhin können Senioren ihre Beweglichkeit und Koordination in Gymnastik- und Tanzkursen schulen. „Wichtig ist, dass es Spaß macht“, so Froböse.
Sport auf Rezept
Bewegung ist ein – meist kostenloses – Allzweckmittel gegen zahlreiche Krankheiten, die hinsichtlich Wirksamkeit den Vergleich mit Medikamenten nicht scheuen muss. Dennoch nimmt der Bewegungsmangel in der Gesellschaft immer weiter zu. Der volkswirtschaftliche Schaden ist immens. Das Patientengespräch bietet den idealen Raum, die Menschen über die zahlreichen Vorteile körperlicher Aktivität zu informieren und zur Bewegung zu motivieren.
Auch betagte Personen und Patienten mit Vorerkrankungen sollten nach einem medizinischen Check-up zu körperlicher Bewegung animiert werden. Am Ende des Gesprächs könnte die Ausstellung eines „Sportrezepts“ stehen, das über Art, Dauer, Häufigkeit und Intensität der empfohlenen Bewegung informiert. Dr. med. Tim Hollstein„